Fachbeitrag
Ein Beitrag von  Fachpraxis für Tierzahnheilkunde & Innere Medizin  Fachtierärztliche Praxis für Kleintiere im Zooviertel auf VetStage Typischer Befund - eine Eckzahnfraktur
Quelle: Copyright: Dr. Birgit Leopold-Temmler

Die Zahnfraktur - immer ein Notfall?

erstellt am 11. September 2023

Hinweis: VetStage ist nicht für den Inhalt verantwortlich. Bitte wende dich bei Rückfragen direkt an den Verfasser.

Zahnfrakturen treten bei unseren tierischen Patienten häufig auf und erfordern eine entsprechende Behandlung. Entdeckt der Tierbesitzer einen abgebrochenen Zahn, so ist dies für ihn häufig Anlass, einen "Zahnnotfall" anzumelden. Eine erste Einschätzung, ob eine sofortige Vorstellung des Patienten notwendig ist, kann am zuverlässigsten nach bestimmten Kriterien wie Frakturtyp und Alter der Zahnfraktur erfolgen. Auch die  Wahrnehmung des Tierbesitzers sollte berücksichtigt werden. 

Zentral wichtig für die Einschätzung der Dringlichkeit ist der Frakturtyp: 

  1. Schmelzfraktur: Hierbei ist nur der äußere Schmelz betroffen, in der Regel schmerzfrei. 
  2. Schmelz-Dentin-Fraktur: Sowohl Schmelz als auch Dentin sind betroffen, Schmerzen sind möglich, da das Dentin sensibel innerviert ist.
  3. Komplizierte Kronenfraktur: Sie involviert die Pulpa mit Zahnnerv, Bindegewebe und Gefäßen und verursacht oft starke Schmerzen und Entzündungen. Komplizierte Kronenfrakturen lassen sich in weitere Unterkategorien einteilen (Kronenschrägfraktur, Chipfraktur mit Eröffnung der Pulpa).
  4. Komplizierte Kronenwurzelfraktur: Hier sind Krone und Wurzel betroffen, Schmerzen sind zu erwarten.
  5. Hohe oder subgingivale Kronenfraktur: Der Zahn ist nahe des Gingivalrandes oder aber subgingival frakturiert.
  6. Trümmerfraktur: Die Zahnkrone ist zersplittert, die Fraktur kann sich bis in den Wurzelbereich erstrecken. Bei einer Trümmerfraktur können umgebende Strukturen, etwa die knöcherne Alveole, mit betroffen sein, da als Ursache in der Regel ein starkes Trauma anzunehmen ist. 

Einschätzung als Notfall

Die Dringlichkeit der Behandlung hängt von mehreren Faktoren ab:

  1. Frakturtyp: Während eine Schmelzfraktur, eine Schmelzdentinfraktur oder eine ältere offene Fraktur nicht als Notfall einzustufen ist, ist eine offene komplizierte Kronenfraktur, eine hohe offene Fraktur oder Trümmerfraktur und die Milchzahnfraktur (s.u.) als relativer Notfall einzustufen. Wenn der Nerv exponiert ist, sind Schmerzen zu erwarten. Bei frischen, komplizierten Caninusfrakturen im mittleren oder distalen Bereich der Zahnkrone imponiert die offene Pulpa häufig als roter oder rosafarbener kleiner Punkt, bei älteren komplizierten Kronenfrakturen kann der Zahn insgesamt verfärbt sein, die Pulpa erscheint bräunlich-schwarz (Infektion, Pulpennekrose). Blutungen aus der Pulpa, wie sie bei frischen komplizierten Zahnfrakturen auftreten, werden vom Besitzer allerdings nicht immer bemerkt.
  2. Alter der Zahnfraktur: Frische Zahnfrakturen sollten zeitnah (innerhalb von 24-48 h) versorgt werden. Die Versorgung älterer Frakturen sollte zwar nicht über Wochen aufgeschoben werden, lässt sich aber regulär planen, da es sich nicht um Zahnnotfälle handelt (außer bei deutlicher Schmerzsymptomatik). Häufig kann der Tierbesitzer aber keine genauen Angaben zum Zeitpunkt des Zahntraumas machen. 
  3. Blutungen: Blutungen erfordern in der Regel sofortige Aufmerksamkeit. Sie können eine frische (< 24-48 h alte) komplizierte Zahnfraktur anzeigen, mit Blutung aus der Pulpa, Blutungen treten aber auch bei Avulsionen oder (Sub)Luxationen von Zähnen auf. 
  4. Schmerzen: Auffälliges Verhalten bei der Futteraufnahme kann auf Schmerzen hinweisen. Allerdings zeigt ein großer Teil der betroffenen Tiere keine deutlichen Schmerzsymptome. Bei Katzen kann die Feline Grimace Scale (App über Google Play) helfen, auch subtilere Zahnschmerzen aufzudecken. 
  5. Trümmerfrakturen: Trümmerfrakturen sollten zeitnah untersucht und nach Möglichkeit ebenso zeitnah versorgt werden, da diese erstens schmerzhaft für das Tier sind, zweitens Traumata der umliegenden Strukturen vorliegen können und drittens Infektionsgefahr besteht.
  6. Alter des Tieres: Milchzahn versus bleibender Zahn (s.u.).
  7. Wahrnehmung des Tierbesitzers: Oft ist es besser, einen aufgeregten Tierbesitzer zeitnah einzubestel

Jetzt anmelden und weiterlesen!

Dieser Beitrag ist nur für Tierärzt:innen, TFA und Animal Health Experts geeignet.
Lege dir jetzt kostenlos ein VetStage Profil an, um den vollständigen Beitrag zu lesen.

Jetzt weiterlesen

Themengebiete

Ein interessanter Beitrag. Teile ihn jetzt mit deinem Netzwerk.