Kutanes epitheliotropes T-Zell-Lymphom bei einem Mischlingsrüden
erstellt am 15. Juni 2022
Was ist ein epitheliotropes T-Zell-Lymphom?
Das epitheliotrope Lymphom ist eine seltene kutane Neoplasie bei Hunden mit Proliferation der T-Lymphozyten in der Haut. Die Ätiologie ist unbekannt. Die Erkrankung betrifft überwiegend ältere Hunde, es existiert weder eine Rasse- noch eine Geschlechtsprädisposition. Beim epitheliotropen Lymphom werden drei verschiedene Tumorformen unterschieden, deren Symptome variabel sein können. Die Prognose ist infaust, die mittlere Überlebenszeit ab der Diagnosestellung liegt in etwa bei zwei bis vier Monaten. Für das epitheliotrope Lymphom gibt es derzeit keine Heilung, eine symptomatische Therapie kann jedoch zu einer klinischen Verbesserung und somit zu einer Steigerung der Lebensqualität führen.
Fallbericht
Im vorliegenden Fallbericht handelt es sich um einen 12- jährigen Mischlingsrüden, der mit generalisierten erosiven, ulzerativen und krustigen Hautveränderungen und geringgradigem bis mittelgradigem Pruritus zur Zweitmeinung in der Sprechstunde vorgestellt wurde. Bei der histopathologischen Untersuchung mehrerer Hautbiopsien wurden Anteile eines malignen epitheliotropen Lymphoms festgestellt. Eine immunhistochemische Untersuchung zur genauen Typisierung der Zellart wurde vom Patientenbesitzer aus Kostengründen abgelehnt. Dem Hund wurde Isotretinoin und Prednison verabreicht, der Patientenbesitzer entschied sich jedoch nach einer Woche, aufgrund der starken Nebenwirkungen der Medikamente, für die Euthanasie des Hundes.
Anamnese
Ein zwölf Jahre alter, männlicher, kastrierter Mischlingsrüde wurde am 08. Juli 2019 in der Sprechstunde wegen schuppiger, teilweise juckender Haut, zur Zweitmeinung vorgestellt. Der Hund zeigte nach Angaben des Besitzers seit mehreren Monaten geringgradigen bis mittelgradigen generalisierten Juckreiz mit Erythemen, Schuppen- und Krustenbildung an verschiedenen Körperstellen. Er wurde von einer Kollegin mit diversen Shampoos und Antibiotika (Amoxicillin und Enrofloxacin, Dosierungen, Präparatenamen, Dauer ist unbekannt) ohne Verbesserung der Symptome, behandelt. Eine Parasitenprophylaxe mit Imidacloprid 100mg/ml und Permethrin 500mg/ml brachte ebenfalls keine Besserung. Die Tierärztin hatte daraufhin wegen Verdacht auf eine hormonell-bedingte Hautveränderung einen Low-Dose-Dexamethason-Test zum Ausschluss eines Cushing-Syndroms sowie ein Schilddrüsenprofil erstellen lassen. Beide Blutuntersuchungen verliefen negativ. Auch eine sich anschließende Cortison Behandlung mit Prednisolon erbrachte nicht den gewünschten Erfolg. Eine von der behandelnden Tierärztin veranlasste Blutuntersuchung auf Leishmaniose war negativ. Der Hund war regelmäßig geimpft worden und wurde vier Wochen vor der Erstvorstellung in unserer Praxis mit Sarolaner 40mg auf Ektoparasiten behandelt und mit Milbemycinoxim 12,5mg, Praziquantel 125mg entwurmt.
Klinische Befunde
In der klinischen Untersuchung stellte sich der Patient ruhig und aufmerksam dar. Der Body Score Index betrug 8/9 (Nestle Purina Body Score System). Der Hund wog zum Zeitpunkt der Untersuchung 21,8 kg. Die Pulsfrequenz lag bei 90 Schlägen pro Minute, die Pulsqualität war regelmäßig und ohne Pulsdefizit. Die Atemfrequenz lag bei 25 Atemzügen pro Minute, der Atemtyp war costoabdominal. Die Auskultation des Herzens war unauffällig ohne Nebengeräusche, die Herztöne kräftig, gleichmäßig und gut abgesetzt. Die Körperinnentemperatur betrug 37,9 °C. Sowohl die Palpation des Abdomens, als auch aller oberflächlichen Lymphknoten, war unauffällig. Die Maulschleimhaut war rosa, die kapilläre Füllungszeit lag unter 2 Sekunden. Bei der eingehenden Untersuchung der Haut konnten an verschiedenen Körperstellen Erytheme mit Plaques und Schuppen, sowie teilweise erosive Ulzerationen festgestellt werden. Am Bauch, in den Leisten und am Rücken waren herdförmig mit Krusten bedeckte Erosionen und Ulzera und große weißliche, festhaftende Schuppen zu finden (siehe Bild 5). An den mukokutanen Übergängen an Lefzen, Nase und Augen zeigte sich ein Erythem mit geringgradiger Depigmentation, Ulzeration und Alopezie. Die Haut erschien an diesen veränderten Stellen mittelgradig verdickt (siehe Bild 4). An der Maulschleimhaut konnte eine Gingivahyperplasie festgestellt werden. Die Haut an den distalen Gliedmaßen und am Schwanz zeigte nur geringgradige Schuppenbildung und keine erosiven Veränderungen. Der Juckreiz zum Zeitpunkt der Untersuchung betrug 5 von 10 auf einer Juckreizskala von 1 (kein Juckreiz) bis 10 (höchstgradiger Juckreiz).
Diagnostisches Verfahren
Als Erstes wurden dem Rüden mehrere Hautgeschabsel am Bauch und an den distalen Gliedmaßen zur Untersuchung auf Milben entnommen. Mittels einer Skalpell-Klinge Fig.25, die mit Paraffinöl benetzt wurde, wurde zunächst die Haut sowohl an den krustigen als auch an den alopezischen Stellen oberflächlich zur Untersuchung auf Sarkoptes-Milben geschabt. Zusätzlich wurden bis zum Entstehen einer leichten kapillären Blutung fünf tiefe Hautgeschabsel entnommen, um Demodex-Milben nachzuweisen. Die Geschabsel wurden auf einen mit einem Tropfen Paraffinöl versehenen Objektträger verbracht und mit einem Deckgläschen abgedeckt. Anschließend wurden die Präparate im hauseigenen Labor mikroskopisch (Binokulares Mikroskop Leica DM750) untersucht, wobei keine Milben nachgewiesen werden konnten.
Als Nächstes wurde eine Dermatophytenkultur angelegt. Dazu wurde von verschiedenen veränderten Stellen und von deren Rändern Haare mittels einer Arterienklemme entnommen und auf ein Dermatophyten Testmedium aufgebracht. Aufgrund der umfangreichen Voruntersuchungen und der erhobenen Befunde, sowie der in Frage kommenden Verdachtsdiagnosen, wurde mit Einverständnis des Patientenbesitzers eine Hautbiopsie durchgeführt. Auf eine zytologische Untersuchung wurde aus Kostengründen verzichtet. Da sich der Hund sehr unkooperativ zeigte, wurde die Biopsieentnahme in Sedation geplant. Nach einer klinischen Untersuchung wurde dem Rüden präoperativ zur Überprüfung der Narkosefähigkeit eine Blutprobe zur Erstellung eines Organ-Profils und eines Blutbildes entnommen. Hierzu wurde die Vena cephalica mit einer Kanüle der Größe 0,9 x 40 mm der Fa.WDT, Garbsen punktiert, und je 2 ml Blut in ein Serum- und ein EDTA-Röhrchen verbracht. Die Proben wurden noch am selben Tag in einem externen Labor untersucht. Es waren bis auf die Alkalische Phosphatase und die Triglyzeride alle Werte im Normalbereich (siehe Bild 1 und 2). Die Aktivität der Alkalischen Phosphatase kann bei Hunden über 10 Jahren physiologisch leicht ansteigen (Kraft und andere, 1995), die Hypertriglyzeridämie war vermutlich darauf zurückzuführen, dass der Hund zum Zeitpunkt der Blutentnahme nicht nüchtern und zudem adipös war. Der Hund wurde am 25.07.2019 mit Propofol sediert. Hierzu wurde dem Rüden ein peripherer Venenverweilkatheter, 20G, gelegt und zur Einleitung 21 ml (entspricht 0,7ml/kg) Propofol intravenös verabreicht. Die Aufrechterhaltung der Sedation erfolgte mit 6 ml (0,3ml/kg) Propofol. Zur Lokalanästhesie wurden im Bereich der Entnahmestellen je 0,5 ml Lidocain 2 % in das umliegende subkutane Gewebe injiziert.
Unter Verwendung von Biopsiestanzen wurden im linken abdominalen Bereich an einer alopezischen-erythematösen Läsion, an der linken Brustwand an einer desquamativ-erythematösen Läsion, am Innenschenkel rechts und links vom Penis an erosiven Stellen, die Proben entnommen. Da die Hautveränderungen nicht generalisiert auftraten, wurden die Bioptate dort entnommen, wo zum Zeitpunkt der Biopsieentnahme die deutlichsten Veränderungen zu sehen waren. Zur Probenentnahme wurde die Stanze über der Läsion platziert und unter leichtem Druck, unter ausschließlicher rechtsdrehender Bewegung, die Hautprobe gewonnen. Jeder einzelne Stanzzylinder wurde mit einer feinen Präparierschere vom noch anhaftenden Gewebefaden abgetrennt und in ein vom Labor vorgefertigtes und mit Formalin gefülltes Biopsiegefäß verbracht. Die Biopsiestellen auf dem Untersuchungsantrag und die Probengefässe wurden mit Nummern versehen um ein eventuell notwendiges Wiederauffinden der Entnahmestellen zu ermöglichen. Die Wundränder wurden mit Einzelheften in der Subkutis und Kutis mit einer Nadelfadenkombination Biosyn® 3-0 (PGA Faden resorbierbar, monofil mit schneidender Nadel 3/8 Kreis, Fa. Covidien, Neustadt a.D.) adaptiert. Die Probengefäße wurden beschriftet und in eine Fachpraxis für Tierpathologie nach München versandt. Dem Hund wurde postoperativ 2 ml (entspricht 2mg/kg) Robenacoxib (Onsior® 20mg/ml Injektionslösung; Fa. Elanco,Bad Homburg) als Analgetikum subkutan verabreicht. Im weiteren Verlauf erhielt der Hund die nächsten drei Tage einmal täglich 1 Tablette (entspricht 1mg/kg) Robenacoxib (Onsior® 20mg Tabletten) zur anhaltenden Schmerzausschaltung.
Differentialdiagnosen und Diagnose
Differentialdiagnostisch kam ein Ektoparasitenbefall mit Demodex-, Sarkoptesmilben oder Flohbefall in Frage. Wegen der vorberichtlich erwähnten Simparica®-Ga
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Kleintierpraxis HildenbrandEin interessanter Beitrag. Teile ihn jetzt mit deinem Netzwerk.