skip to Main Content
Tabuthema Arbeitslosigkeit In Der Tiermedizin – Teil 1

Tabuthema Arbeitslosigkeit in der Tiermedizin – Teil 1

Unbeliebt, ungewollt, teils peinlich, teils schon „üblich“: Die Arbeitslosigkeit ist für manche Kolleginnen und Kollegen ein akutes Thema, denn in der Tiermedizin kommt sie doch häufiger vor als auf den ersten „Blick“ erwartet. Allein die letzte veröffentlichte Statistik im Deutschen Tierärzteblatt Juni 2014 zeigt, dass doch scheinbar knapp 4.000 Tierärzte (von insgesamt knapp 38.000) – im schlimmsten Falle – davon betroffen sind oder waren. 28% der Tierärzteschaft gilt als „nicht tierärztlich tätig“. Davon ist natürlich auch ein großer Teil entweder im Ruhestand oder in Elternzeit. Viele Kollegen jedoch sind nicht arbeitssuchend gemeldet und verstecken sich somit in Rubriken wie „Doktoranden/ Hospitanten ohne Entgelt“ oder „Tierärzte ohne Berufsausübung“. Einige haben aus der Not heraus der tierärztlichen Tätigkeit den Rücken gekehrt und gelten unter „berufsfremd“. Und für einige Kollegen wird es manchmal schneller aktuell als gewünscht: Man wird gekündigt und gehört nun „dazu“! …

Teil 1: Das schwarze Loch nach der Kündigung.

Die erste Reaktion, wenn Bekannte oder Freunde von der plötzlichen Arbeitslosigkeit erfahren, ist meist zuerst Schockiertheit, dann Mitgefühl.
„Oh jeh!“, „Das tut mir leid!“, „Du bist gekündigt worden?! Warum?!“, „Und jetzt?!“.

Für jemanden, der frisch gekündigt wurde, ist die Situation mehr als unangenehm. Man hat den „Stempel Arbeitslosigkeit“ erhalten. Vielleicht sogar noch mehr: Den Stempel des „schlechten Mitarbeiters“! Warum sonst, sollte man wohl gekündigt worden sein?! …

Jetzt nicht den Kopf hängen lassen:
Eine positive Konsequenz der Kündigung durch den Arbeitgeber gibt es: es entfällt die dreimonatige Sperrfrist beim Arbeitsamt, die bei einer eigenständigen Kündigung immer gegeben ist.

Hat man nun mindestens 12 Monate innerhalb von zwei Jahren gearbeitet, so erfüllt man zudem die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld eins (ALG I). Und dies ist eine gute Chance, sich selbst neu zu verwirklichen und sollte auch als Solche gesehen werden. Bei Arbeitszeit unter 12 Monaten unbedingt nach einer „kurzen Anwartschaft“ erkundigen, demnach besteht evtl. auch Anspruch auf ALG I.
Daher: Wer die Gründe für eine Kündigung kennt, sollte sich diese durchaus zu Herzen nehmen und daraus lernen. Man sollte sich aber nicht auf die Gründe versteifen und sich in Selbstmitleid wälzen, sondern nach Vorne schauen.
In der arbeitslosen Zeit (mind. 12 Monate, außer bei kurzer Anwartschaft) hat man mehr als genügend Zeit, sich zu orientieren, einen neuen Job zu finden oder sich gar (mit welcher Idee auch immer) selbstständig zu machen. Eine tolle Chance, die in jeglicher Hinsicht durchdacht und genutzt werden sollte. Findet man vor dem Ablauf der 12 Monate seine neue Herausforderung, so hat man quasi die restlichen Monate für einen späteren „Notfall“ aufgespart. Man sollte diese Zeit somit nicht vergeuden, sondern sich intensiv um einen Neuanfang kümmern, ggf. auch in einer anderen Richtung!

Zur Unterstützung die wichtigsten Tipps zusammengefasst:

1. Rechtzeitig melden!
Eine Kündigung erfolgt meist innerhalb von mind. vier Wochen zum Monatsende. Also rechtzeitig (spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit) persönlich beim Arbeitsamt vorsprechen, einen Termin vereinbaren und sich vor Ort arbeitssuchend melden.

2. Hilfe annehmen
Bei Nachfrage bietet das Arbeitsamt vielfältige Möglichkeiten zur Hilfe. Zur Auswahl stehen Existenzgründungsseminare, Unterstützung speziell für Frauen und Mütter, oder simpel Adressen für Einrichtungen, die einem unter die Arme greifen können.

3. Go on working!
15 Stunden höchstens pro Woche und nicht mehr als 30 Stunden im Monat darf neben dem Arbeitslosengeld gearbeitet werden. Zudem kann man 165.-€ pro Monat zuverdienen. Das ist nicht viel. Alles darüber hinaus wird dem Arbeitslosengeld angerechnet.
Arbeitet man auf Honorarbasis (z.B. als Springer für eine Tierarztpraxis, falls jemand krank wird), so kann man sich für diesen einen Tag von der Arbeitslosigkeit abmelden (unbedingt vorher tun!). Das Honorar darf in voller Summe behalten werden. Das Arbeitslosengeld für diesen Tag entfällt. Diese Option bitte vorher mit seinem direkten Betreuer besprechen („Ich habe gehört…“), denn ggf. gibt es leichte Unterschiede je nach Bundesland.

4. Existenzgründung und Gründungszuschuss
Je nach Bundesland bestehen kostenfreie Möglichkeiten, sich bei einer Existenzgründung unterstützen zu lassen. Vorteil: Von Arbeitsagenturen empfohlene Einrichtungen wissen genau, was die Arbeitsagentur im Businessplan zum Gründungszuschuss lesen möchte.
Wichtig: Der Gründungszuschuss ist für Existenzgründer inzwischen nur noch Ermessenssache, daher sollte der Antrag sorgfältig vorbereitet werden.

Alles in Allem sollte man im Falle einer Kündigung mit folgendem Zitat im Hinterkopf leben:

„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“ (Albert Einstein)
– Und schon fällt es etwas leichter, wieder aus seinem „schwarzen Loch“ zu kriechen…

Dr. Lisa Leiner

Frau Dr. Lisa Leiner ist promovierte Tierärztin, Diplom Biologin mit dem Schwerpunkt Verhaltensphysiologie und Psychologie, Autorin, Referentin und Coach.
Bis 2019 lag ihr Hauptaugenmerk als Gründerin und Geschäftsführerin von VetStage in der Personalberatung und -akquise im Namen von Kollegen und Kolleginnen.
Zwischen 2019 und 2023 verstärkte sie das Team um Tierarzt Plus Partner im Bereich HR. Hier war sie nicht nur für die Akquise von Tierärztinnen, Tierärzten und TFA verantwortlich, sondern auch für den Aufbau verschiedener Projekte (Berufseinsteigerprogramm, Praktikantenprogramm und andere). Seit 2024 ist Dr. Leiner als selbstständige Beraterin und Trainerin in den Bereichen Personal, Kommunikation und Resilienz tätig.

Back To Top