Lieber mit oder ohne Gütesiegel ins Praktikum? – Interview mit Rolf Herzel
Interview zur Anerkannten Ausbildungspraxis mit Rolf Herzel, Mitglied des bpt-Präsidiums und federführend bei der Einführung des Gütesiegels Ausbildungspraxis.
Was unterscheidet eine Ausbildungspraxis von einer ohne dieses Gütesiegel?
Herzel: Der wichtigste Unterschied ist, dass sich die Inhaber einer Anerkannten Ausbildungspraxis ganz bewusst entscheiden, einen Praktikumsplatz anzubieten. Sie wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie sich an der Ausbildung beteiligen, und wollen bewusst ihre Zeit und ihr Engagement investieren.
Wie sieht es konkret aus, ein besseres Praktikum?
Herzel: Das ist eine schwere Frage, denn es hat sehr mit den eigenen Wertvorstellungen zu tun. Ein Riesenvorteil ist, dass es kaum unangenehmen Überraschungen geben dürfte. Wir haben beim bpt Checklisten entwickelt, den Leitfaden fürs Praktikum und den fürs Vorgespräch. Wenn man die hernimmt und auch wirklich ein Vorgespräch führt, dann landet man nicht aus Versehen beim Schweineblutnehmen, wo man doch eigentlich Behandlungsmethoden bei der Katze einüben wollte. Das Vorgespräch vor dem Praktikum ist unheimlich wichtig. Man kann da auch klären, wo man während des Praktikums übernachtet, ob man Selbstversorger ist oder ob es gemeinsame Mahlzeiten in der Praxis gibt. Und natürlich sicherstellen, dass die Chemie stimmt mit dem Tierarzt oder der Tierärztin, die einem etwas beibringen wird.
Wozu Standardisierung?
Herzel: Der Leitfaden für das Praktikum enthält eine Checkliste, das ist ein gutes Grundgerüst. Man bekommt also die Basics gelehrt, und welche das sind, kann man im Leitfaden nachlesen. Diese Checkliste bedeutet, man sollte im Praktikum die Untersuchungen und Behandlungen abarbeiten, außerdem die Kommunikation und den Umgang mit Patienten und Kunden. Sowohl mit den netten Kunden als auch mit den schwierigen.
Wieviele Praxen tragen das Gütesiegel?
Herzel: Ungefähr 500
Soll man sich eigentlich den Praktikumsplatz schon im Hinblick auf eine spätere Bewerbung suchen?
Herzel: Natürlich! Vielleicht kann man später einsteigen, übernehmen oder angestellt werden. In Australien Kängurus behandeln ist toll, aber man sollte sich schon überlegen: Wo will ich später hin? Oder man nutzt ein Praktikum dazu, seine eigene Idee zu finden, wo man später hin will. Viele Inhaber investieren ja gerade deshalb so viel Energie in die Praktikanten, weil der eine oder andere als Mitarbeiter wiederkommt. Und ist dann schon etwas eingearbeitet durch das Praktikum. Ich selbst bilde seit gut 20 Jahren Kollegen aus, und einige haben später für mich gearbeitet.
Hinweis:
Dieses Interview entstammt dem bpt-Campus, Ausgabe Juni 2016. Mit freundlicher Erlaubnis des bpt.