Schadensersatz: Tierärzte in Beweispflicht
Anfang Mai konnte man auf der Homepage der Tagesschau die folgenden Zeilen lesen:
„Schadensersatz bei groben Behandlungsfehlern – Auch Tierärzte sind in der Beweispflicht!“
Im heutigen Zeitalter, wo in den USA jeder x-beliebige Vorfall vor Gericht landet und auch in Europa das „Blatt vor dem Mund“ immer dünner wird, in Zeiten des Cyber-Mobbing und des Shit-Storms braucht man nicht nur teilweise ein sehr dickes Fell, man muss auch wissen, womit man konfrontiert werden kann.
Auch die Gerichte ziehen mit. Wenn Klagen über grobe Behandlungsfehler von Tierärzten auf dem Tisch liegen, werden diesen inzwischen sehr viel stärker nachgegangen als vielleicht noch zu früheren Zeiten, in denen auch das Tier noch nicht so einen hohen Stellenwert hatte. Bisher waren davon hauptsächlich Humanärzte betroffen.
Noch immer bewerten Gesetze Tiere zwar als eigentumsfähige Sache und Gegenstand, jedoch ist der Fall klar: Wem grobe Behandlungsfehler unterstellt werden, muss vor Gericht beweisen, dass ihn keine Schuld trifft. Der Patientenbesitzer selbst ist nicht mehr in der alleinigen Beweispflicht. So hat zuletzt auch der Bundesgerichtshof entschieden, das höchste deutsche Zivilgericht (Az.: VI ZR 247/15). Hauptargument der Karlsruher Richter: „Beide Tätigkeiten beziehen sich auf einen lebenden Organismus“. Die Umkehr der Beweislast bei groben Behandlungsfehlern, die bisher schon aus der Humanmedizin bekannt ist – insbesondere bei der Befunderhebung – gilt damit auch bei der Behandlung von Tieren.
Konkret ging es in dem hier aufgeführten Fall um ein nicht erkanntes angebrochenes Pferdebein. Ein Zuchthengst hatte sich verletzt und wurde vom Tierarzt behandelt. Im Rahmen der Behandlung wurde jedoch nicht erkannt, dass das Bein angebrochen war. Als es schließlich zum Durchbruch kam, musste der Hengst eingeschläfert werden.
Was haben diese Verschärfungen für Folgen für Tierärzte?
Die gute Seite: Ein Tierarzt muss zwangsläufig mehr Wert darauf legen, Behandlungen korrekt und gewissenhaft durchzuführen. – Wenn er dies nicht bereits von sich aus tut. Dahingehend ist auch eine Aufklärung des Patientenbesitzers unerlässlich, sprich, eine gute Kommunikation. Ganz entscheidend ist dabei jedoch, es nicht nur beim korrekten Handeln zu belassen und darüber zu reden: es muss auch dokumentiert werden. In eine jede Patientenakte gehört deshalb ein Vermerk zu den durchgeführten Maßnahmen, mögliche Alternativen und die Gründe für die jeweilige Entscheidung. Eigentlich selbstverständlich: Beim Abweichen vom Üblichen oder gar von vorhandenen Leitlinien, ist eine detaillierte Begründung unter Erwähnung der Besonderheiten des Einzelfalls unerlässlich.
Die schlechte Seite: Ein Tierarzt wird nun möglicherweise schneller mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert und es bedarf viel Zeit, Muse, einer guten Versicherung und eines guten Anwalts, um sich hier effektiv zur Wehr setzen zu können. Und die korrekte Dokumentation kostet Zeit. Zudem können Versicherungsprämien steigen, so dass die Ausgaben insgesamt für Tierärzte höher werden könnten.
Autoren:
Lisa Leiner / VetStage
Gabriele Moog / bpt