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Schwangere In Der Tierarztpraxis Und -klinik: Eine Herausforderung

Schwangere in der Tierarztpraxis und -klinik: Eine Herausforderung

Eine Kollegin erzählte mir vor einiger Zeit die Geschichte Ihrer Schwangerschaft in der Kleintierpraxis, in welcher sie gearbeitet hatte. Diese war wie folgt:

Sie, Anfang 30, in einer festen Beziehung, arbeitete bereits einige Zeit in einer Kleintierpraxis mit 4 weiteren Tierärzten und einigen mehr TFAs, als sie schwanger wurde. Als sie das Gespräch mit ihrem Chef suchte, fiel dieser aus allen Wolken, wie sie denn JETZT schwanger werden könnte?! Er wusste nichts mit ihr anzufangen, also sagte sie ihm, sie würde auf eigenen Wunsch auch noch länger arbeiten, bis eine Lösung gefunden würde. Das Team wolle sie aufgrund der Schwangerschaft nicht gleich im Stich lassen.

So fingen fast tägliche Gespräche an, was nun zu tun sei. Die schwangere Kollegin brachte Artikel mit, fragte nach, ob eine Meldung an die Aufsichtsbehörde getätigt worden war und versprach weiterhin, sich im Team so gut es ging einzubringen. Der Chef hingegen kam mit dieser „plötzlichen“ Situation nicht zurecht. Nie hatte er sich vorher Gedanken darübergemacht, was zu tun sei, wenn eine seiner Angestellten schwanger würde. In einem Gespräch schlug er der Kollegin vor, sich umgehend selbstständig zu machen und auf Honorarbasis zu arbeiten, so dass sie „bis zum Schluss“ arbeiten könne. Er schlug ihr zudem eine Praxisbeteiligung vor, in welche sie sich einkaufen könne. Aber all diese Lösungen führten zu keinem für alle Seiten passenden Kompromiss.

Am Ende blieb die Kollegin bis in den sechsten Monat, half, wo es ging, aber eine Rückkehr in die Praxis war nach der Elternzeit nicht mehr gewünscht, denn man hatte sich ja eindeutig „für Kinder“ entschieden…

Die Kollegin fand nach einiger Zeit einen passenden Arbeitgeber, somit ist sie heute wieder in der Praxis tätig und plant bereits ein zweites Kind…

 

Eine Geschichte, die sicherlich nicht selten ist. Was tun mit einer Schwangeren in der Praxis? Arbeitgeber sind heutzutage, bei 85% weiblichen Absolventen, fast schon gezwungen, sich mit dieser Frage auseinander zu setzen. Viele Arbeitgeber entscheiden sich für ein direktes Berufsverbot, was legitim, aber nicht immer notwendig ist. Manche Arbeitgeber entscheiden sich sogar dafür, keine jungen Frauen mehr einzustellen. Aber ob dies eine langfristig kluge Lösung ist, mag dahingestellt sein.

 

Nun aber zurück zur Ausgangsfrage: Was tun mit einer schwangeren Kollegin?

Das Deutsche Tierärzteblatt hat im Januar 2016 einen sehr guten Artikel über genau dieses Thema geschrieben. Dass Schwangere eine Herausforderung für jede Praxis darstellt, muss hierbei nicht diskutiert werden. Aber dass die Legende noch immer besteht, eine Mitarbeiterin müsse sofort aufhören zu arbeiten, sobald sie ihre Schwangerschaft bekannt gibt, ist überholt.

Generell gilt ein drei-Stufen-System:

  1. Gefährdung abwenden: Wie müssen Arbeitsbedingungen und -zeiten angepasst werden, um Mutter und ungeborenes Kind nicht zu gefährden?
  2. Kann die Gefährdung nicht abgewendet werden, inwieweit ist ein Arbeitsplatzwechsel möglich? Oder eine Umverteilung von Aufgaben?
  3. Erst wenn 1. und 2. nachweislich nicht umsetzbar sind, stellt der Arbeitgeber ein generelles Beschäftigungsverbot für die Schwangere aus.

Insgesamt sollte eine Schwangerschaft nicht stigmatisiert werden. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit und sollte ohne schlechtes Gewissen erlebt werden dürfen. Natürlich sollten aber auch schwangere Mitarbeiterinnen (ob Tierärzte oder TFAs) immer genau abwägen, ob sie in der jeweiligen Praxis / Klinik weiterarbeiten können. Ein bequemes selbstgewähltes „Berufsverbot“ und „ich schmeiß jetzt die Füße hoch“ ist sowohl dem Arbeitgeber als auch dem restlichen Team gegenüber nicht fair.

Das Thema Schwangerschaft sollte in jedem Falle in der Praxis / Klinik offen kommuniziert werden dürfen. Die Angst, die bei vielen jungen Frauen herrscht, ist ÜBERHAUPT dem Arbeitgeber zu sagen, dass sie gerne schwanger werden WÜRDEN. Lieber den Mund halten, als eine Kündigung riskieren. Für alle Seiten angenehmer wäre doch, wenn solche Wünsche offengelegt werden dürften. Dann könnte sich jeder frühzeitig darauf einstellen und keiner würde mehr – wie in der Erzählung oben – völlig aus den Wolken fallen!…

 

Mehr zu dem Thema Schwangerschaft und Berufsausübung gibt es im Artikel des Deutschen Tierärzteblattes, welcher jedem ans Herz gelegt werden sollte oder auch direkt bei uns im VetStage-Blog.

 

Und wer sich mehr für das Thema Mütter in der Tierarztpraxis interessiert, der sei eingeladen, die folgenden Artikel zu lesen:

Mutter und praktische Tierärztin – wie kann das funktionieren?

Mutter und praktische Tierärztin – kein einfacher Karriereweg.

 

 

 

Dr. Lisa Leiner

Frau Dr. Lisa Leiner ist promovierte Tierärztin, Diplom Biologin mit dem Schwerpunkt Verhaltensphysiologie und Psychologie, Autorin, Referentin und Coach.
Bis 2019 lag ihr Hauptaugenmerk als Gründerin und Geschäftsführerin von VetStage in der Personalberatung und -akquise im Namen von Kollegen und Kolleginnen.
Zwischen 2019 und 2023 verstärkte sie das Team um Tierarzt Plus Partner im Bereich HR. Hier war sie nicht nur für die Akquise von Tierärztinnen, Tierärzten und TFA verantwortlich, sondern auch für den Aufbau verschiedener Projekte (Berufseinsteigerprogramm, Praktikantenprogramm und andere). Seit 2024 ist Dr. Leiner als selbstständige Beraterin und Trainerin in den Bereichen Personal, Kommunikation und Resilienz tätig.

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